Stimmen von Aktionskünstlerinnen aus der DDR
 
        
            
    
        Verena Kyselkas Kostüm "Die Nachrichtensprecherin" (1989) im Super-8-Film "Signale" (1989) der Künstlerinnengruppe Erfurt, Privatarchiv Gabriele Stötzer
© Verena Kyselka; Gabriele Stötzer; VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Performance- und Aktionskunst lebt vom Augenblick. Sie geschieht im Moment, unmittelbar mit dem Körper und entzieht sich damit klassischer Sammlungs- und Ausstellungspraxis im Museum. In der DDR war diese Kunstform ein Mittel, um Freiräume zu schaffen und künstlerische Konventionen infrage zu stellen.
Die Ausstellung Aus der Reihe tanzen. Aktionskünstlerinnen in der DDR, kuratiert von Linda Alpermann, Sarah Felix, Jan-Markus Göttsch und Ramona Stauner, widmete sich prägenden Künstlerinnen der Erfurter und Dresdner Szene. Gezeigt wurden Fotografien, Filme, Kostüme und andere Relikte – Fragmente, die von flüchtigen Aktionen erzählen und Einblicke in eine Kunstpraxis geben, die nie fürs Museum gemacht wurde.
 
        
            
    
        Kuratorin Sarah Felix in der Ausstellung "Aus der Reihe tanzen" im Albertinum 2025
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Foto: Oliver Killig; VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Damit die Stimmen der ausgestellten Künstlerinnen in der Ausstellung, aber auch über die Ausstellungslaufzeit hinaus, hörbar bleiben, haben wir Video-Interviews mit den Beteiligten geführt. Die Protagonistinnen berichteten von ihrem künstlerischen Selbstverständnis, von ihren Strategien im Spannungsfeld von Kontrolle und Subkultur und von der Resonanz ihrer Arbeiten bis heute.
 
        
            
    
        Interview mit Gabriele Stötzer, Monika Andres und Verena Kyselka in der Ausstellung "Aus der Reihe tanzen" 2025 im Albertinum
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Foto: Oliver Killig
Die Künstlerinnengruppe Erfurt
Seit den frühen 1980er Jahren entwickelten Gabriele Stötzer, Monika Andres und Verena Kyselka in Erfurt als Teil einer größeren – teilweise bis zu 17 Mitglieder umfassenden – Frauengruppe Filme, Modenschauen und kollektive Aktionen. Ihre Arbeiten verhandelten Körper, Identität und weibliche Selbstbestimmung – Themen, für deren freie Aushandlung es im Alltagsleben der DDR keinen Raum gab. Im Gruppeninterview erzählen sie von der Entstehung und Dynamik der Gruppe, von Freundschaft und künstlerischer Solidarität sowie von der besonderen Rolle von Frauen in der DDR-Kunstszene.
Interview mit Gabriele Stötzer, Monika Andres und Verena Kyselka (03. 03. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
Gabriele Stötzer
Als Autorin, Fotografin und Performerin verband Gabriele Stötzer verschiedene Medien zu einem vielschichtigen Werk. Ihre Aktionen thematisierten den weiblichen Körper als Medium der Selbstermächtigung und des Widerstands. Im Interview spricht sie über künstlerische Strategien im Untergrund, über ihre Erfahrungen mit staatlicher Repression und über die Bedeutung von Netzwerken für ihr Schaffen.
 
        
            
    
        Gabriele Stötzer trägt für eine Fotosession im Fotostudio Wagner die Maske vom "Wollkostüm mit Maske" (1989)
© Christiane Wagner (Fotostudio Wagner), VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Interview mit Gabriele Stötzer (03. 03. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
Monika Andres
In den Arbeiten von Monika Andres spielten Modeobjekte aus Alltags- und Arbeitsmaterialien eine zentrale Rolle. Mit verschiedensten Stoffen, Farben und symbolischen Gesten schuf sie kraftvolle Auftritte und Körperbilder. Im Interview berichtet sie, wie sie zu den Materialien für ihre Modeobjekte kam und wie sie den Schreibstil der DDR-Zeitungen wahrnahm.
 
        
            
    
        Monika Andres trägt für eine Fotosession im Fotostudio Wagner ihr Kostüm "Name, Stadt, Land" (1988, Foto 1989)
© Monika Andres; Christiane Wagner (Fotostudio Wagner)
Interview mit Monika Andres (03. 03. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
 
        
            
    
        Monika Andres trägt für eine Fotosession im Fotostudio Wagner ihr Kostüm "Name, Stadt, Land" (1988)
© Christiane Wagner (Fotostudio Wagner); Monika Andres
Verena Kyselka
Verena Kyselka integrierte Medienreferenzen, wie etwa Fernsehantennen und musikalische Elemente in ihre Performances. Sie interessierte sich für Grenzüberschreitungen zwischen den Kunstformen und für das Sichtbarmachen von gesellschaftlichen Normen. Im Interview reflektiert sie die Entstehung der Band EOG – Erweiterter Orgasmus – und ihre Position als Autodidaktin in der DDR sowie ihr Studium nach der Wende.
 
        
            
    
        Verena Kyselka trägt für eine Fotosession im Fotostudio Wagner ihr Kostüm "Die Nachrichtensprecherin" (1989)
© Christiane Wagner (Fotostudio Wagner); VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Interview mit Verena Kyselka (03. 03. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
Else Gabriel
Else Gabriel wurde als Mitbegründerin der Dresdner Gruppe der Autoperforationsartisten zusammen mit ihren Kommilitonen Micha Brendel und Via Lewandowsky durch radikale Körpergesten, Materialexperimente und ironische Brechungen zu einer der einflussreichsten Stimmen in der Performance-Kunst der DDR. Else Gabriel berichtet im Interview von der Entstehung der Gruppe, von den Grenzerfahrungen ihrer künstlerischen Praxis und von der Bedeutung dieser Arbeiten aus heutiger Sicht.
 
        
            
    
        Else Gabriel: Der Daumen der Strafe (1986, Neuabzug 1999)
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunstfonds, Foto: Herbert Boswank; VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Interview mit Else Gabriel (12. 03. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
Hanne Wandtke
Die Tänzerin und Choreografin Hanne Wandtke war assoziiertes Mitglied der Autoperforationsartisten und ist in der Ausstellung Aus der Reihe tanzen mit ihrem DDR-Müllkostüm vertreten. Das Kostüm entwarf Wandtke für die legendäre Aktion Spitze des Fleischbergs, die während des Hochschulfaschings 1986 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden stattfand. Durch ihre choreografische Praxis und ihr Interesse an körperlichen, improvisatorischen Ausdrucksformen hatte Wandtke wesentlichen Einfluss auf die Arbeit der Autoperforationsartisten.
 
        
            
    
        Kuratorin Linda Alpermann neben dem „DDR-Müllkostüm“ (1986) von Hanne Wandtke in der Ausstellung "Aus der Reihe tanzen" 2025 im Albertinum
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Foto: Oliver Killig
Christine Schlegel
In Zusammenarbeit mit der Tänzerin Fine Kwiatkowski entwickelte die Dresdner Malerin Christine Schlegel performative Aktionen, die Film, Malerei, Tanz und Musik verbanden. Schlegels Arbeiten stellten den Körper ins Zentrum und loteten Spannungen zwischen Dynamik und Stillstand aus. Im Interview erinnert sie sich an die gemeinsame Praxis mit Fine Kwiatkowski, die künstlerischen Freiräume und deren Einschränkungen in der DDR und erzählt außerdem von der Fortwirkung ihrer Kunst bis heute.
 
        
            
    
        Eine Besucherin und Christine Schlegels "Fine" (1984) in der Ausstellung "Aus der Reihe tanzen" 2025 im Albertinum
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Foto: Oliver Killig; Christine Schlegel
Interview mit Christine Schlegel (28. 04. 2025)
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Film: Ramona Stauner / Jacob Franke
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Der etwa 20-minütige Film „Ein weites Feld. Grüne Rückzugsorte ostdeutscher Künstlerinnen“ von Susanne Altmann entstand 2023 in vier ostdeutschen Gärten und zeigt, wie Systemverweigerung auch aussehen konnte. Vier Künstlerinnen schufen sich jeweils ländliche Refugien, in denen sie inspiriert und unbeobachtet arbeiten konnten und eigene Netzwerke knüpften. Mit Erika Stürmer-Alex, Amrei Bauer für Annemirl Bauer, Christa Jeitner und Christine Schlegel.
 
        
    Was sich zu Unfug erklärt, bekennt sich zur Harmlosigkeit. Vermeintlich. Denn Konsequenz solcher Selbstbestimmung ist die berühmte Narrenfreiheit, die in den 1980er Jahren auch eine Gruppe von Theaterleuten in der DDR für sich beansprucht, als sie sich „Zinnober“ nennt und beginnt, Kaspertheater für Erwachsene zu machen. Ihr Stück „Die Jäger des verlorenen Verstandes“ ist vom Publikum unschwer als Spottstück auf das DDR-Staatswesen zu lesen und seine Duldung in der Rückschau kaum zu glauben - aber wahr.
 
        
    Pamela Meyer-Arndts Film "Rebellinnen" widmet sich dem künstlerischen Freiheitsdrang dreier Künstlerinnen in der DDR der 1970er und -80er Jahre. Am Albertinum kamen die Regisseurin, zwei der Künstlerinnen – Tina Bara und Gabriele Stötzer – und Dr. Angelika Richter zu einem Gespräch zusammen, in dem sie über die Entstehung des Films sowie die Lebensumstände und künstlerischen Bedrängnisse jener Jahre sprachen.
 
        
     
        
            
    
         
        
            
    
         
        
            
    
        