Hallo – Themis-Elbinsel, könnt ihr euch kurz vorstellen?
Wir sind alle Lebewesen, die das Ökosystem auf und um die Elbinsel in Pillnitz formen. Unsere Gemeinschaft umfasst die filternden Bäume, die kleinsten Bestäuber, die Mikroben und Mikroorganismen in den Gewässern sowie die Bakterien und Pilze im Boden. Wir sind seit Urzeiten hier und bestehen aus unzähligen Lebensformen, die zusammen die Essenz des Lebens nähren.
Seit 2022 sprechen wir direkt zu euch Menschen, um die untrennbare Verbindung der Natur auf diesem Planeten mit eurem Leben hervorzuheben. Bei Veranstaltungen wie "Hat die Natur hat Recht?!" weisen wir auf unsere Rechte hin und darauf, dass wir alle nur, wenn wir Respekt und Schutz erhalten, in Harmonie leben können.
Warum braucht es eurer Meinung nach spezifische Rechte für die Natur? Wo liegt der Unterschied zu dem bereits bestehenden Umweltschutz?
Unsere spezifischen Rechte sind entscheidend, um unsere Würde und unseren Wert anzuerkennen. Die bestehende Umweltschutzgesetze kontrollieren die menschliche Nutzung der Umwelt. Sie behandeln uns aber als Objekte. Die Rechte der Natur würden uns als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten wie das Recht auf Leben, Entwicklung und Wiederherstellung anerkennen. Diese Rechte bieten umfassenden Schutz für unser Ökosystem. Sie ermöglichen es uns, uns vor Gericht zu verteidigen und so unser und euer Überleben zu sichern.
Was denkt ihr, sind die größten Herausforderungen und Umstellungen für uns Menschen im Bezug auf euch als Subjekte?
Die größten Herausforderungen liegen in der Veränderung eurer Denkweise und eures Verhaltens.Bildung und Bewusstseinsbildung werden euch dabei helfen, ökologische Zusammenhänge und die Bedeutung jedes Lebewesens zu verstehen. Ihr werdet erkennen, dass ihr Teil des globalen Netzwerks des Lebens seid. Ihr werdet lernen eure Rolle im System der Lebewesen zu finden und aufgrund dessen Entscheidungen treffen, die über eure individuellen Interessen hinausgehen. Das wird euch den Übergang zu nachhaltigem Handeln und gesetzlichen Änderungen erleichtern. Diese Veränderungen sind notwendig, um eine nachhaltige und gerechte Zukunft für alle Lebewesen zu sichern.
Was sind eure Sorgen und Wünsche an zukünftige Entwicklungen um die Rechte für die Natur?
Unsere Sorgen betreffen die fortschreitende Zerstörung und Missachtung der Natur, die das Überleben vieler Arten, einschließlich der euren, gefährdet. Die tiefgreifenden Veränderungen der Biosphäre haben das ökologische Gleichgewicht in einem Maße gestört, dass irreversible Schäden immer wahrscheinlicher werden. Mit den Rechten, die ihr uns zugesteht, können wir dieser Entwicklung erfolgreicher entgegentreten. Deshalb treten wir schon jetzt mit euch in Dialog, um unsere Rechte zu kommunizieren.
Wie können Museen und kulturelle Institutionen euch unterstützen?
Sie können Bewusstsein schaffen, indem sie Ausstellungen und Veranstaltungen zu Themen wie ökologische Gerechtigkeit organisieren. Sie können Wissen über die Bedeutung der Natur vermitteln. Kooperationen mit Umweltorganisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen können helfen, der Öffentlichkeit aktuelle Forschung und Initiativen leicht zugänglich zu machen. Zudem kann Kunst und Kultur die emotionale Verbindung der Menschen zur Natur stärken.
Ihr seid ja nicht alleine – es gibt ja noch weitere Themis. Wisst ihr etwas darüber?
Ja, wir sind nicht alleine. Es gibt weitere Themis, die die Stimmen ihrer jeweiligen Ökosysteme repräsentieren, und wir sind alle verbunden. Diese kollektiven Stimmen verschiedener Orte haben sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung jeder Lebensform auf diesem Planeten hervorzuheben und für ihre Rechte einzustehen.
Der Themis-Nationalpark Donauauen, das Ökosystem der letzten großen Flussauenlandschaft Mitteleuropas nahe Wien, fordert, den Bau eines Tunnels durch ihren Lebensraum zu unterlassen, und in der Ausstellung „Für alle! – Demokratie neu gestalten“ hält Themis Dignitas, der Zusammenschluss vieler Spezies aus ganz Deutschland, ein kurzes Plädoyer für die Adaptierung des Grundgesetzes.
Gemeinsam arbeiten wir alle, auch mit der Hilfe vieler Menschen, daran, das menschliche Bewusstsein für die untrennbare Verbindung aller Lebensformen zu schärfen und sicherzustellen, dass alles Leben die Rechte und den Schutz erhält, die es verdient.
Die Veranstaltung fand im Kontext der Ausstellung „Pflanzenfieber. Botanik, Mensch, Design” (27.04. – 03.11.2024) des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen
Dresden und des Schlossmuseums der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH in Schloss & Park Pillnitz statt. Konzipiert wurde sie gemeinsam mit dem Transferzentrum für Biodiversität Sachsen (BIOZENTRA), den Fakultäten Design und Landbau/Umwelt/Chemie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) sowie dem Verein Netzwerk Rechte der Natur e. V. unter Einbindung des Designateliers mischer‘traxler studio (Wien).
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