ostZone - Verena Böll 19. März 2025

Ich möchte wissen, wie Menschen leben und gelebt haben. Wie sie ihr Leben gestalten, ihm einen Sinn geben und vor allem: Was sie mit ihren Händen schaffen. Das führte mich zu meinem Studium und irgendwie auch zum Berufsfeld Ethnologie, Religionswissenschaften und Äthiopistik. Nicht nur in Äthiopien erkundete ich die Lebenswirklichkeiten, sondern auch direkt vor der eigenen Haustür, in Dresden, in Sachsen – ich entdeckte, wie viele Verbindungen zwischen den verschiedenen Kulturen in Sachsen vorhanden sind.

Zusammen mit dem Verein Kultur Aktiv e.V. initiierte ich Projekte zum biografischen Erzählen. Immer in Kombination mit der Kunst und dem Kunsthandwerk. Die Ausstellung im Albertinum „Revolutionary Romances? Globale Kunstgeschichten in der DDR“, die aufzeigte, wie Kunst und Politik sich gegenseitig beeinflussen, blickte zurück in vergangene Zeiten und war doch sehr präsent. Mit unserem Begleitprogramm machten wir uns auf die Suche nach einer Antwort auf die Frage: Welche Verbindungen zwischen den Kulturen schuf die Kunst? Wie lebten „Fremde“ während der DDR-Zeit vor Ort?

Ich fand viele Zeitzeug*innen, die zusammen mit jüngeren Künstler*innen den Spuren der Vergangenheit folgten. Wir erkundeten Mail-Art mit Mari Bohley und Julia Eberth und lernten Siebdruck mit Moussa Mbarek als politische Kunstformen kennen. Außerdem ging es um die Näharbeit vietnamesischer Vertragsarbeiter*innen, die einen blauen Baumwollstoff nahmen und ihn in eine Hose verwandelten – zur begehrten Jeans. Waren sie alle gelernte Schneider*innen? Nein. Sie hatten Vertrauen in ihre Hände und ihre Handfertigkeiten. Genau wie die gebürtige Mexikanerin Bela Alvarez, die als Künstlerin sozusagen neue Geschichte webt. Sie nimmt Fotos aus der DDR-Zeit und leitet die Teilnehmenden an, sie zu besticken. Eine Zeitzeugin aus Chile, Montserrat Butter, erzählt dabei von ihrer Flucht in die DDR.

So viele Kulturen trafen sich in den Workshops im Albertinum, in denen Kunst entstand und neue Geschichten neu erzählt wurden. Und mit den Rundgängen durch die Altstadt mit Janina Kracht und durch die Neustadt mit Hung Cao The entdeckten wir globale Perspektiven auch außerhalb des Albertinums. Immer noch neugierig auf die Biografien hinter der kulturellen Vielfalt in Sachsen beschloss ich, einfach weiterzumachen.

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